Ausschnitt aus Haruki Murakamis "Drive my Car"
»Soweit ich sie kannte, war Ihre Frau eine wunderbare Dame. Ich weiß nicht einmal ein Hundertstel von dem, was Sie über sie wissen, aber ich bin völlig davon überzeugt. Sie sollten dankbar sein, Herr Kafuku, dass Sie zwanzig Jahre lang mit einem so wundervollen Menschen zusammenleben durften. Das ist meine ehrliche Überzeugung. Aber ganz gleich, wie nahe man einem anderen Menschen steht, ganz gleich, wie sehr man ihn liebt, ins Herz schauen kann man ihm doch nicht. Selbst wenn man es sich noch so sehr wünscht. Man macht es sich nur schwer damit. Unter Umständen können wir uns selbst ins Herz schauen, aber auch das nur mit Mühe. Uns bleibt nichts anderes übrig, als mit uns selbst ins Reine zu kommen. Will man einen anderen Menschen wirklich verstehen, kann man nur möglichst ehrlich und tief in sich selbst hineinschauen. Das ist meine Ansicht.«
[...]
Kafuku sagte so lange nichts, dass Misaki, die Zigarette zwischen den Lippen, zu ihm hinübersah.
»Sie können die Zigarette ruhig rauchen«, sagte Kafuku.
»Bitte?«
»Sie können sie anzünden.«
»Aber das Verdeck ist geschlossen.«
»Das macht nichts.«
Misaki ließ das Fenster herunter und steckte die Marlboro am Zigarettenanzünder an. Sie nahm einen tiefen Zug, wobei sie genießerisch die Augen zusammenkniff. Nachdem sie den Rauch einen Moment in der Lunge gehalten hatte, blies sie ihn langsam aus dem Fenster.
»Rauchen kann tödlich sein«, sagte Kafuku.
»Das ganze Leben ist tödlich«, sagte Misaki.
Kafuku lachte. »So kann man es auch sehen.«